In einer Zeit, in der die digitale Wirtschaft und die sozialen Medien die Grenzen der freien Meinungsäußerung neu definieren, hat die Europäische Union einen entscheidenden Schritt unternommen, um Individuen vor missbräuchlichen Rechtspraktiken zu schützen, die darauf abzielen, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (Strategic Litigation Against Public Participation, kurz: SLAPP) sind ein wachsendes Problem, das die Grundpfeiler der Demokratie bedroht. Doch was sind SLAPP-Klagen genau, und warum ist das neue EU-Gesetzesprojekt ein wichtiger Meilenstein im Kampf für die Meinungsfreiheit?
Was ist SLAPP?
Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP) sind Rechtsfälle, die von mächtigen Akteuren gegen Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und andere Personen eingeleitet werden, nicht mit dem Ziel, den Fall zu gewinnen, sondern um die Beklagten durch den finanziellen und emotionalen Druck des Rechtsstreits zum Schweigen zu bringen. Diese Klagen können enorm belastend sein und haben oft den gewünschten Effekt: Sie schrecken Einzelne davon ab, sich zu öffentlich relevanten Themen zu äußern.
Warum sind SLAPP-Klagen bedenklich?
SLAPP-Klagen stellen eine direkte Bedrohung für die Meinungsfreiheit und die demokratische Debatte dar. Sie nutzen das Rechtssystem als Waffe, um kritische Stimmen einzuschüchtern und zu zensieren. Dadurch wird nicht nur den Betroffenen selbst geschadet, sondern es wird auch ein Klima der Angst geschaffen, das andere davon abhält, Missstände aufzudecken oder Kritik zu üben. In einer funktionierenden Demokratie ist es jedoch essentiell, dass Individuen ohne Furcht vor Vergeltung ihre Meinung äußern können.
Das neue EU-Gesetzesprojekt: Ein Riegel vor SLAPP-Klagen
Das kürzlich vom Rat der Europäischen Union im März 2024 angenommene Legislativpaket ist ein bahnbrechender Schritt zum Schutz von Personen, die sich zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse äußern, vor SLAPP-Klagen. Die neue Richtlinie bietet eine Reihe von Verfahrensgarantien und Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen, insbesondere für Journalisten und Menschenrechtsverteidiger. Es gilt für Klagen, die als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug eingestuft werden.
Welche Schutzmaßnahmen sind vorgesehen?
Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehören die Möglichkeit für Betroffene, eine schnelle Abweisung offensichtlich unbegründeter Klagen zu beantragen, und die Verpflichtung für Kläger, die Kosten des Verfahrens zu tragen, sollte die Klage als missbräuchlich eingestuft werden.
Darüber hinaus können Gerichte Sanktionen gegen die Kläger verhängen und müssen Entscheidungen in einem beschleunigten Verfahren treffen.
Grenzüberschreitende Auswirkungen und Urteile aus Drittländern
Ein besonderes Merkmal der Richtlinie ist der Umgang mit SLAPP-Fällen, die einen grenzüberschreitenden Bezug haben oder in Drittländern stattfinden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus Drittstaaten verweigern, wenn diese als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich angesehen werden.
Weitere Unterstützungsmaßnahmen
Die Mitgliedstaaten sind außerdem angehalten, Vorschriften zu erlassen, die es ermöglichen, Betroffene durch Verbände, Organisationen und Gewerkschaften zu unterstützen. Zentral bereitgestellte Informationen über Verfahrensgarantien und Rechtsbehelfe sollen SLAPP-Opfern weiter helfen.